2000-10-28 Nobelpreisträger G. Blobel an OB I. Häußler
Nobelpreisträger und Leopoldina-Mitglied Prof. Dr. Günter Blobel am 28.10.2000 an Halles Oberbürgermeisterin I. Häußler
E-Mail: ob@halle.de
Wiedererrichtung des alten Rathauses
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
bei meinem jüngsten Besuch in der traditionsreichen Saalestadt hatte ich Gelegenheit, das heutige Erscheinungsbild der Stadt Halle mit dem der 80er Jahre zu vergleichen. Viel Erfreuliches hat sich seitdem auch in Halle getan. Ein weiteres Jahrzehnt später werden die Reize der über tausendjährigen Stadt sicherlich noch deutlicher hervortreten. Bei der Besichtigung des Marktplatzes war allerdings offenkundig, dass vor allem an der Ostseite des Platzes noch viel geschehen muss, damit der hallesche Marktplatz seinen ursprünglichen Reiz wieder erhält. Es fehlt insbesondere das schöne alte Rathaus, dessen Wiederaufbau durchaus mit vereinten Anstrengungen möglich wäre, wie Beispiele in anderen Städten eindrucksvoll belegen. Wuchern Sie mit den Pfunden, die Halle hat: eine weitgehend unzerstörte Altstadt!
Dazu gehört unbedingt das alte Rathaus. Aber dazu gehört auch historisches Feingefühl bei der Errichtung von Neubauten in der Nordost-Ecke des Marktplatzes.
An meinem letzten Aufenthaltstag in Halle wurde in der "Mitteldeutschen Zeitung" der Entwurf eines Kaufhaus-Neubaus veröffentlicht. Sollte dieser Entwurf in der vorliegenden Form ohne architektonische Rücksichtnahme auf das alte Rathaus realisiert werden, wäre dies aus meiner Sicht eine grobe Fehlentscheidung. Das mindeste, was ein architektonisch interessierter Betrachter erwartet, ist eine harmonische Einheit zwischen dem geplanten Neubau und dem - hoffentlich - bald wieder erstehenden Rathaus.
Mit großem Interesse werde ich den Fortgang der Dinge verfolgen und - neben meinen anderen Verpflichtungen - das mir Mögliche tun, damit das alte Rathaus wieder die Stadt Halle ziert.
Mit freundlichen Grüßen
G. Blobel